Positionen

Erklärung der KLB Augsburg zu den aktuellen Krisen- und Reformdiskussionen

Liebe Mitglieder und liebe Interessierte in der Katholischen Landvolkbewegung im Bistum Augsburg!

Kirche, Krise und Reformbedarf: Viele, die schon länger im Landvolk aktiv sind, wissen, dass diese Begriffe schon seit Jahren in einem Atemzug genannt werden. Und doch hat sich in den letzten Wochen nochmal eine ungeahnte Zuspitzung ereignet, die zeigt, wie groß die Krise und wie groß der Handlungsbedarf ist: Erschütternd ist das Gutachten der Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl, Spilker und Wastl im Erzbistum München-Freising: Es offenbart ein systemisches Versagen im Umgang mit den Opfern sexualisierter Gewalt im „Raum Kirche“, mangelndes Eingeständnis von Schuld und Versagen von Verantwortungsträgern und fehlende Konsequenzen im Umgang mit den Tätern. Wenige Tage darauf wurde die TV-Dokumentation „Wie Gott uns schuf“ ausgestrahlt in Verbindung mit der Aktion „OutInChurch- für eine Kirche ohne Angst“. Und schließlich fand die dritte Vollversammlung des Synodalen Wegs statt, bei der kein heißes Eisen ausgespart wurde. Beobachter sprachen sogar von einem „Hauch von Kirchengeschichte“, der spürbar war, weil die „Handlungstexte“ sogar die notwendigen Bischofsstimmen erhielten.

Und was denken wir im katholischen Landvolk darüber? Welche Haltung und Position gibt es dazu?

Bei unserer Sitzung vom 16.2. haben wir im Diözesanvorstand darüber beraten und uns auf zwei Schritte verständigt: Erstens wollen wir mit diesem Brief in einen Dialog mit unseren Mitgliedern treten und zweitens wollen wir unseren Bischof im direkten Gespräch zu mutigen Schritten bestärken.
 

Was uns wichtig ist und wofür wir stehen:

Unser Verband zählt im Bistum Augsburg knapp 4.000 Mitgliedsfamilien. Wir sind uns bewusst, dass es auch in unserem Verband unterschiedliche Ansichten und Auffassungen zu den großen Themen, die im Synodalen Weg diskutiert werden, gibt. Als Mitglieder der Katholischen Landvolkbewegung gehören wir einem katholischen Verband an, dem die Anliegen der Menschen im ländlichen Raum besonders nahe sind. Inmitten der Kirche setzen wir uns immer schon für eine lebens- und menschennahe Glaubenspraxis ein und versuchen, dies in unseren eigenen Zielen und in unserem eigenen Tun zu verwirklichen, ohne Tradition zu vernachlässigen. Wir sind erschüttert vom Leid, das viele Opfer geistlichen und sexuellen Missbrauchs erlitten haben und bis heute erleiden. Wir sind betroffen, wenn wir wahrnehmen, wie viele Menschen aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer sexuellen Orientierung an und mit unserer Kirche leiden. Wir hadern damit, dass Täter jahrzehntelang vom System Kirche geschützt wurden und Opfer kein Gehör fanden. Unsere Kirche als ganze muss neue Wege beschreiten, um neue Glaubwürdigkeit zu gewinnen und zerstörtes Vertrauen neu wachsen zu lassen. Wir leiden daran, dass seit Jahrzehnten in vielen kritischen Fragen zur Weiterentwicklung der Kirche kein Fortschritt zu erkennen ist. Unsere Kirche muss sich den drängenden Fragen nach dem Umgang mit Macht, der Gleichberechtigung der Geschlechter, dem Zugang zu Ämtern und Diensten und dem Zueinander der verschiedenen Glieder des Volkes Gottes stellen, so dass sie wieder erfahrbar wird als Ort, an dem alle Menschen in ihren Sorgen und Nöten, in ihren Hoffnungen und Freuden Gemeinschaft erfahren können und ihren Glauben miteinander leben, teilen und feiern. Wir nehmen wahr, dass in vielen Begegnungen im Landvolk und in anderen Kreisen über all diese Themen diskutiert wird. Wir nehmen auch wahr, dass viele mit ihrer Geduld mit der Kirche am Ende sind. Es gibt den „Kairos“, den günstigen Zeitpunkt für Entscheidungen, den man nutzen kann – oder verstreichen lassen kann.

„Jetzt ist die Zeit, jetzt ist die Stunde…“ singen wir immer wieder in einem Lied. Wenn nicht jetzt, wann dann ist die Zeit und die Stunde, um die lang anstehenden Veränderungen endlich anzupacken und umzusetzen? Wir im Diözesanvorstand tragen die Anliegen des Synodalen Wegs mit, wir unterstützen die Frankfurter Erklärung und wir solidarisieren uns mit den Forderungen der Aktion „OutInChurch“. In diesem Sinne möchten wir die Verantwortlichen in unserer Diözese, allen voran unseren Bischof Dr. Bertram Meier, ermutigen, hier deutlich und klar Stellung zu beziehen und zu handeln. Zugleich sehen wir dies auch als Herausforderung für unser eigenes Handeln in unserem eigenen Verband und in den mit uns verbundenen Organisationen, denn wir alle sind Kirche als Volk Gottes, nicht nur Bischöfe. Menschen, die nicht-heterosexuell sind, erleben in vielen Familien und Gemeinschaften gerade im ländlichen Raum noch immer viele Vorbehalte. Themen wie z. B. Homosexualität sind mit Tabus belegt. Viele haben Angst vor Diskriminierung und mangelnder Achtung. Es ist eine große Aufgabe für uns alle, miteinander eine Kultur der Achtsamkeit und des gegenseitigen Respekts zu leben, die der Vielfalt von Gottes Schöpfung gerecht wird. Deshalb unterzeichnen/unterstützen wir die „Frankfurter Erklärung“: *

  • Wir setzen uns ein, alle Formen eines Missbrauchs von Macht in der Kirche zu durchbrechen und treten für durchgreifende Aufarbeitung und Gerechtigkeit für die von Missbrauch Betroffenen ein.
  • Wir setzen uns für Geschlechtergerechtigkeit innerhalb der Kirche ein und verwirklichen sie konsequent.
  • Wir widersetzen uns jeder Diskriminierung in der Kirche und geben allen Menschen in ihrer Vielfalt und Einzigartigkeit Raum.
  • Wir leben eine Kirche, in der wir mit unseren Ämtern und Charismen gemeinsam beraten und entscheiden.
  • Wir verabschieden nicht nur Dokumente, sondern setzen sie in konkretes Handeln um.
  • Wir lassen uns an dieser Selbstverpflichtung messen.
  • Wir bleiben einander im Gebet verbunden und ziehen daraus die Kraft, dem Geist Gottes zu folgen, der lebendig macht.
  • Wir freuen uns über Eure Rückmeldungen, über Bestärkung, Kritik, Fragen, weiterführende Gedanken und Vorschläge!

Der Diözesanvorstand der KLB Augsburg

* Frankfurter Erklärung: Für eine synodale Kirche siehe https://www.bdkj.de/fileadmin/bdkj/news/Frankfurter-Erklaerung.pdf